Hitze im Hochsommer: Belastung für Mensch und Material

Hohe Temperaturen können über einen längeren Zeitraum Gleise, Oberleitungen und andere Einrichtungen beschädigen. Doch die VGF weiß, was dagegen zu tun ist.

Väterchen Frost, so haben wir einen Pressetext vor ein paar Jahren mal begonnen, habe ein paar fiese Tricks auf Lager, mit denen er im Winter auf den Betrieb von U- und Straßenbahnen einwirken kann. Der Sommer steht dem manchmal nicht viel nach, zumindest nicht, wenn er Ausmaße wie 2018 annimmt – mit hohen Temperaturen und geringem Niederschlag, was beides über einen langen Zeitraum anhielt. Gerade anhaltende Hitze kann im Betrieb der VGF Probleme bereiten. Ob Oberleitung, Gleise oder Steuerungsrechner – viele Einrichtungen können durch sie Schaden nehmen. Und das hat im schlimmsten Falle Verzögerungen und Fahrtausfälle zur Folge. Mit gezielten Aktivitäten versucht die VGF deshalb sicherzustellen, dass U- und Straßenbahnen auch bei Rekordhitze pünktlich und sicher fahren.

Oberleitung: Kontrolle und Instandsetzung

Der Kupferdraht der Oberleitungen ist besonders anfällig für Hitze. Bei hohen Temperaturen dehnt sich das Material aus, was die mechanische Spannung lösen und die Leitungen durchhängen läßt. Die Fahrleitungsanlage ist in der Lage, diese ganz normale Ausdehnung in der Länge in einem gewissen Rahmen zu kompensieren, hierzu sind Nachspannungen und Federn in der Fahrleitung montiert. Aufgrund der hohen Temperaturen – und aus Erfahrung des Sommers 2018 – hat die VGF die Nachspann-Einrichtungen, soweit möglich, entsprechend angepasst. Darüber hinaus wird die Anlage verstärkt kontrolliert, vorsichtshalber kann die Höchstgeschwindigkeit der U- und Straßenbahnzüge auf 50 Kilometer pro Stunde begrenzt werden, was 2020 aber noch nicht der Fall ist.

Gleise: Wasser und Farbe gegen die Hitze

Nicht nur der Fahrdraht dehnt sich, auch der Stahl der Gleise reagiert auf anhaltende Hitze, nämlich mit so genannten „Gleisverdrückungen“. Hierbei verschiebt sich der Gleisrost – also Gleis und Schwelle in einem – um wenige Zentimeter. Ein rund 134 Kilometer langes Gleisnetz kann nicht gleichzeitig und flächendeckend überwacht werden. Deshalb sind es meist aufmerksame Fahrerinnen und Fahrer, die Beeinträchtigungen der Strecke bemerken und melden. Aber: Eine Gleisverdrückung ist eher selten, die normale Temperatur-Spanne, die Gleisanlagen folgenlos aushalten, liegt zwischen –10 und 30 Grad.

Der Fachbereich “Fahrweg” kennt natürlich die Stellen im Netz, die auf Grund ihrer exponierten Lage potentiell von einer Gleisverdrückung betroffen sein können, und kontrolliert hier bevorzugt. Unmittelbarer „Feind“ des Gleises ist der Schotter im Gleisbett. Der Basalt speichert in Folge der andauernden Sonneneinstrahlung die Wärme, was dazu führt, dass die VGF in einzelnen Gleisabschnitten nachmittags Temperaturen von 55 bis 60 Grad misst. Um dem entgegenzuwirken, setzt die VGF auf zwei „Kniffe“. Zum einen wurde schon 2018 ein besonders stark der Sonneneinstrahlung ausgesetztes Gleisstück, das am Fischstein, auf mehreren Metern weiß gestrichen. Die helle Farbe verringerte das Aufhitzen des Stahls erheblich. Die VGF hat das 2019 wiederholt – und zwar “händisch”. In diesem Jahr hat ein Mitarbeiter aus dem genannten Fachbereich einen schiebbaren Wagen entwickelt, der auf die Gleise aufgesetzt werden kann, um dann in der Vorwärtsbewegung mit einer Sprühvorrichtung den Schienenstahl gleichmäßig und auf beiden Seiten des Strangs zu weißeln – schnell, leicht zu handhaben, günstig, effizient.

Die Unternehmenskommunikation hat hierzu am 7. Juli einen eigenen Pressetext publiziert, der auf dieser Homepage unter

https://www.vgf-ffm.de/de/aktuellpresse/news/einzelansicht/vgf-mitarbeiter-erfindet-lackiermaschine-gegen-hitzeschaden-auf-gleisen/

zu finden ist. Außerdem erklärt ein kurzer Film auf dem youtube-Kanal der VGF die Funktion des Geräts:

https://youtu.be/jrGvHYNLpio

Weiße Farbe ist nicht das einzige Mittel, das die VGF gegen Hitze hat: Mitarbeiter können neuralgische Stellen im Gleisnetz mit einem Spezialfahrzeug bewässern und so die Temperaturen des Materials drücken. Hier kommt dann aber (noch!) kein Spezialgerät zum Einsatz, sondern der gute alte Wasserschlauch.

Stellwerke: Nachrüstung mit Klimaanlagen

Auch andere betriebstechnische Einrichtungen sind von der Hitze betroffen, zum Beispiel die Stellwerke entlang der Strecken. Untergebracht sind sie in unauffälligen, schmucklosen Gebäuden, etwa von der Größe einer kleinen Garage. 26 Grad Raumtemperatur sind für die Server in diesen Stellwerken ideal. Die Geräte steigen bei Temperaturen oberhalb nicht automatisch aus, Ausfälle von Stellwerken wegen zu hoher Hitze gab es daher bisher noch nicht. Trotzdem muss die VGF gewährleisten, dass das auch weiterhin nicht geschieht. Um die ideale Arbeitstemperatur auch bei anhaltender Hitze zu sichern, wurden einige Stellwerke mit Klimaanlagen nachgerüstet. Dieses Projekt läuft schon seit Längerem und wird bei Bedarf auch kurzfristig ausgeweitet. So wurde Ende Juni 2018 ein Stellwerk an der Hauptwache nachgerüstet, weitere Nachrüstung stehen auf dem Programm. 

Weichen-Steuerschränke: Farbe hilft

Straßenbahnweichen werden ebenfalls von Rechnern gesteuert. Sie sind in kleinen Schränken untergebracht, die sich an mehreren Stellen im Stadtgebiet finden. Das Problem: Sie sind mitunter in edlem Dunkelgrau gestrichen, um das Stadtbild nicht zu stören, heizen sich so aber ordentlich auf. 60 Grad vertragen die Rechner im Inneren, an einzelnen Baugruppen hat die VGF aber mitunter 62 bis 63 Grad gemessen – trotz der vorhandenen Lüftung der Schränke. Abhilfe schafft ein simpler Trick: 2018 wurden sechs dieser Schränke entlang von Stresemannallee und Mörfelder Landstraße kurzfristig weiß gestrichen, im vergangenen Jahr wurde ein Schrank an der Musterschule mit weißer Sprühfolie bearbeitet, die auch schnell wieder entfernbar ist. Der Effekt der hellen Farbe ist derselbe wie bei den Gleisen am Fischstein.

Fahrzeuge: Nicht alle klimatisiert

Auch die U- und Straßenbahnen sind betroffen. Alle modernen “U5”- und “S”-Wagen verfügen über Klimaanlagen, die aus den 90er Jahren stammenden “U4”- und “R”-Wagen leider nicht. Die Statik gibt eine Nachrüstung mit den tonnenschweren Aggeragten, die auf den Dächern installiert werden müßten, schlicht nicht her. Abhilfe sollen im Trambereich die von Mai 2021 and ausgelieferten “T”-Wagen schaffen, die – wie alle Neufahrzeuge – mit Klimaanlagen angeschafft werden. Sie ersetzen dann Stück für Stück die “R”-Wagen.

Auch die Klimaanlagen selbst haben gegen und mit hohen Temperaturen zu kämpfen. Sie können bei großer Hitze und Überlastung vereisen und steigen dann schlicht aus. Dann kann nur noch die zuständige Betriebswerkstatt helfen. Überhaupt ist die Wirkung der Klimaanlagen nicht mit Urlaubserlebnissen in den USA zu vergleichen, wo das Verlassen eines Gebäudes im Hochsommer dem Zusammenstoß mit einem Mülllaster ähnelt. In Frankfurt sind die Haltestellen-Abstände kurz – was natürlich auch ganz im Sinne der Fahrgäste ist, die nicht weit zur nächsten Station laufen wollen, schon gar nicht im Hochsommer –, was aber auch zu vielen Stops und Öffnung meist aller Türen führt. Auf Kühlschrank-Niveau können die Innenräume so gar nicht abgekühlt werden, es wäre auch alles andere als wirtschaftlich.

Menschen: Bauarbeiten früher beginnen

Auch Menschen sind von der Hitze betroffen, umso mehr, wenn sie schwere körperliche Arbeiten ausführen müssen. Gleisbau, wie er zur Zeit am Platz der Republik oder and der oberirdischen U-Bahn-Trasse zwischen Riedberg und Nieder-Eschbach stattfindet, gehört dazu. Normalerweise beginnen die Arbeiten gegen 8 Uhr morgens, an heißen Tagen kann der Beginn auf 6 Uhr vorgezogen werden, um mehr Zeit mit erträglichen Temperaturen zu gewinnen. Noch weiter in die Nacht kann die VGF die Arbeiten in der Regel nicht vorschieben, da sie sonst die Nachtruhe der Anwohner beeinträchtigen können.

Insgesamt sind Sommerbaustellen eine Gratwanderung. Einerseits bietet das geringere Fahrgastaufkommen in den Ferien beste Voraussetzungen, die notwendigen Arbeiten zu erledigen, andererseits sind die klimatischen Voraussetzungen nicht immer optimal. Und wie wäre die Reaktion von Fahrgästen und Anwohnern, Politik und Medien, wenn Arbeiten wie am neuralgischen Straßbahn-Dreieck Platz der Republik sich verzögerten und nicht pünktlich abgeschlossen würden, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen und mit Rücksicht auf die Arbeiter vorübergehend ausgesetzt werden müßten?

Fazit: Gänzlich unterbinden lassen sich Wetter-Einflüsse auf den Betrieb von U- und Straßenbahnen auch im Sommer nicht. Schon gar nicht, wenn es sich um extreme Wetterlagen handelt. Die eine oder andere Schwachstelle – etwa die für das Stadtbild schicke dunkle Farbe der Steuerschränke – hat sich auch erst im Zuge der anhaltenden Hitze 2018 gezeigt.

 

Pressekontakt:
Bernd Conrads
VGF-Unternehmenskommunikation
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