Von der Straße auf die Schiene: Zum Auftakt der 2. Nationalen Radlogistik-Konferenz in Frankfurt am Main (weitere Informationen unter rlvd.bike/konferenz) haben die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (VGF) und die ONOMOTION GmbH gezeigt, wie Containerisierung und Straßenbahnen für eine emissionsfreie City-Logistik funktionieren. Gemeinsam mit der VGF zeigte der Berliner Mobilitätsdienstleister, wie Güter über die gesamte Lieferkette in standardisierten Containern mit einer Gütertram und mit dem E-Lastenrad ONO transportiert werden. Das Zusammenspiel mehrerer Verkehrsträger auf der „mittleren“ und „letzten Meile“ wie Straßenbahn und E-Cargobike hat großes Potenzial, um zum neuen Standard urbaner Logistik zu werden.
„Die VGF testet und prüft Optionen der Gütertram bereits seit 2018 mit unterschiedlichen Partnern. Wir sind begeistert, wieviel Potenzial in dieser Idee liegt und wie sich das Projekt technisch und inhaltlich weiterentwickelt hat “, erklärt Michael Rüffer, Geschäftsführer der VGF.
Ein erstes eigenes E-Lastenrad besitzt die VGF schon. Das im Juli 2021 vorgestellte „VGFlex“ wird für schnellen, umweltfreundlichen und flexiblen Kundenservice genutzt, wo er kurzfristig benötigt wird. Zum Beispiel, um mit dem ONO vor Ort über Baustellen und Umleitungen zu informieren.
Aus Perspektive von ONOMOTION ist die Zusammenführung von Tram und Cargobike die konsequente Umsetzung des Whitepapers „Intermodale Logistikkette im urbanen Raum“. ONOMOTION hatte dieses gemeinsam mit Partnern bereits Anfang des Jahres veröffentlicht. Die Autoren zeigten am Beispiel von Frankfurt am Main, dass mithilfe eines kombinierten Verkehrs bis zu 80 Prozent der innerstädtischen Lieferungen realisiert und die CO2-Emissionen um knapp 64 Prozent reduziert werden könnten.
Das Gütertram-Konzept ist nicht neu. Bereits vor einigen Jahren gab es Pilotprojekte in Frankfurt und anderen Städten. Diese Idee wird nun ein Stück weiter gedacht und die Partner integrieren in dem Ansatz die bestehende Infrastruktur wie Straßenbahnschienen, Tramzüge und die emissionsfreien E-Lastenräder von ONOMOTION .Ausgangspunkt der Testfahrt in Frankfurt war der VGF-Betriebshof Gutleut. Dort zeigte ONOMOTION, wie die standardisierten und kompakten City-Containern von der ONO abgenommen und ohne viel Mühe über eine Rampe in die Straßenbahn gerollt und dort befestigt werden können. Die Container mit einem Fassungsvermögen von 2,1 Kubikmetern und einer Länge von 1,70 Meter passen ohne Probleme in den Mehrzweckbereich einer Straßenbahn. Also dort, wo sonst Kinderwagen und Rollstühle Platz haben. Nach einer kurzen Fahrt an die Wendeschleife der Frankfurter Messe werden die Container wieder auf der ONO befestigt. „Die Straße wird den Verkehrsstau in den Städten nicht lösen können. Mit Schienenfahrzeugen und einer integrierten Lastenradbelieferung bieten wir eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative, die viel Potenzial hat“, sagt ONOMOTION-Geschäftsführer Beres Seelbach.
Theoretisch sind für öffentliche Verkehrsbetriebe zwei Nutzungsarten einer Gütertram denkbar: Zum einen die Mischnutzung von Gütern und Passagieren. Dabei können die Unternehmen den Containertransport in den regulären Betrieb integrieren und würden so in Randverkehrszeiten am Abend und am frühen Morgen Leerfahrten vermeiden. Der Bereich für die Fahrgäste muss allerdings vom Gütertransport getrennt werden. Zum anderen eine ausschließliche Nutzung der Straßenbahn als Gütertram. Diese nimmt die bereits kommissionierten Container von einem Depot am Stadtrand auf und transportiert sie zu geeigneten Haltestellen entlang der Innenstadt-Strecken. Von dort übernimmt dann die ONO die andockbaren Container zur Feinverteilung an die Haushalte. Diese Art des Transports hätte den Vorteil einer flexiblen Nutzung der Straßenbahnlinien für den Güterverkehr und würde ein höheres Transportvolumen mit bis zu zehn Containern pro Gütertram garantieren.
Zusätzlich ermöglicht die Nutzung moderner Track- und Trace-Kommunikationssysteme eine schnelle Ortung der Container, Optimierung und Abwicklung. „An den innerstädtischen Haltestellen wären somit nur kleine Pufferflächen notwendig, um die Container kurz zwischenzulagern“, erklärt Seelbach. Das optimiert die Betriebsabläufe der Straßenbahnen und E-Lastenräder. Da Flächen in der Innenstadt teuer und rar sind, sind Mikrodepots eine ideale Lösung, um Pakete schnell, effizient und emissionsfrei von dort zuzustellen. Zeitverluste entstehen auch dann nicht, wenn die Lastenräder mehrmals zum Hub zurückfahren müssen, da die Container schon beladen sind und mit wenigen Handgriffen auf dem Cargobike befestigt werden können.
Die VGF prüft aktuell eine weitere erste Einsatzmöglichkeit: Für den internen Transport von Material, Werkzeugen und kleineren Arbeitsgeräten verkehren täglich Transporter und LKW zwischen den einzelnen Betriebsstätten. Auch die Post wird von der Zentrale in der Innenstadt an alle Werkstätten und Depots verteilt. Hier würde sich der Transport der Container mit der Tram anbieten. Vorteil ist, dass schweres Arbeitsgerät direkt in den Werkstätten und Depots ausgeladen werden könnte, die restliche Fracht würde dann mit den Cargobikes weitertransportiert werden.
Infokasten Whitepaper „Intermodale Logistikkette im urbanen Raum“
Dass die Verteilung des Güterverkehrs auf mehrere Verkehrsträger Potenzial hat, zeigt der weltweite Handel seit Jahrzehnten. Standardisierte Container ermöglichen und beschleunigen diese kombinierten Verkehre. Die Autoren des Whitepapers „Intermodale Lieferkette im urbanen Raum“ zeigen am Beispiel Frankfurt am Main mit einem Frachtvolumen von 14.500 täglichen Paketen in den innerstädtischen Bezirken, dass 80 Prozent, also rund 11.600 Pakete, per Cargo-Tram und E-Lastenrad ausgeliefert werden könnten. Nur noch 20 Prozent oder rund 2.900 Lieferungen müssten demnach aufgrund der Größe und des Gewichts auf dem traditionellen Weg zugestellt werden. Der große Vorteil einer solchen hybriden Lieferkette auf der „mittleren“ und „letzten Meile“ liegt neben der Verkehrsentlastung auf den Straßen in der Minderung der CO2-Emissionen. Die beispielhafte Menge von 14.500 Paketen im innerstädtischen Raum verursacht in der Kombination aus mehreren Verkehrsträgern mit den standardisierten Containern lediglich 1,1 Tonnen CO2. Das entspricht im Vergleich zum einstufigen Transportweg einer Einsparung von knapp 64 Prozent. Gleichzeitig ist dieser Weg mit 27,62 Euro pro Kubikmeter im Vergleich zum herkömmlichen Transportweg kostenneutral. An dem Whitepaper waren der Berliner Cargobike-Hersteller ONOMOTION GmbH, Porsche Consulting, EIT InnoEnergy, die Hörmann Gruppe, EURA, Hermes Germany GmbH und das Research Lab for Urban Transport der Frankfurter University of Applied Sciencesbeteiligt.
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