Die VGF hat den erschwerten Corona-Bedingungen zum Trotz in den Jahren 2020 und 2021 große Vorhaben wie geplant abgewickelt: die aufwendige Erneuerung des Gleiskreuzes Platz der Republik in den letzten Sommerferien, den umfangreichen Neubau der Gleisanlage im Betriebshof Gutleut von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021.
Ganz ohne Folgen wird Corona aber nicht bleiben: Die Auslieferung der neuen Straßenbahnen vom Typ "T" wird sich verzögern. Stand Juli 2021 sollen die ersten von 45 neuen Straßenbahnen im ersten Quartal 2022 in den Fahrgasteinsatz kommen. Vorausgeht eine umfangreiche interne Prüfung der neuen Fahrzeuge nach ihrer Auslieferung. Dieser Zwischenschritt zwischen Auslieferung und Einsatz ist auch bei den "U5"-Mittelwagen notwendig und wird von der VGF parallel abgewickelt. Die ersten beiden Fahrzeuge sind in Frankfurt, Einsatz auf U4 und U7 ist vom Fahrplanwechsel im Dezember 2021 an vorgesehen.
Mit dem Fahrgasteinsatz der "T"-Wagen, die in zwei Versionen (23 Dreiteiler à 30 Meter Länge, 22 Vierteiler, jeweils 40 Meter lang) ausgeliefert werden, hängt die Umsetzung des neuen Straßenbahn-Konzepts zusammen, das Verkehrsdezernent Klaus Oesterling im Sommer 2020 vorgestellt hat. Es sieht - neben einer neuen Linie 13 zwischen Industriehof und Heilbronner Straße, die in der Schloßstraße Betriebsgleise nutzt - eine Optimierung des vorhandenen Netzes vor. So sollen durch neue Linienverknüpfungen Direkverbindungen zwischen Höchst und Oberrad sowie zwischen Sachsenhausen und Fechenheim entstehen. Geplant ist auch eine Verbesserung der Takte und damit des Gesamtangebots.
Ursprünglich sollte mit der Umsetzung im Dezember 2021 begonnen werden, abhängig war das aber von der Auslieferung der neuen Straßenbahnen. Mit deren Verzögerung verschiebt sich auch die Einführung des Straßenbahn-Konzepts. Laut Verkehrsdezernent Oesterling werden die ersten "T"-Wagen die reaktivierten sieben "Pt"-Wagen ersetzen, danach könne es mit neuen Angeboten losgehen. Das Straßenbahn-Konzept verschiebt sich laut Oesterling daher "um ein Jahr plus X".
Hier die Einzelheiten des im Juli 2020 vorgestellten Straßenbahn-Konzepts:
Verkehrsdezernent Oesterling: „Ein leistungsfähiges und hoch attraktives Nahverkehrsnetz schaffen“
Die Fahrgastzahlen in Frankfurt am Main sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Und, davon wird ausgegangen, sie werden nach der Corona-Pandemie wieder steigen. Für den Frankfurter Verkehrsdezernenten Klaus Oesterling sind sie gleichermaßen Folge der wachsenden Stadt als auch einer zunehmenden Nachfrage nach attraktiven und nachhaltigen Mobilitätsangeboten.
An den Zuwächsen hat die Straßenbahn einen wesentlichen Anteil. „Die kontinuierlichen Haltestellenzählungen von traffiQ belegen ein Mehr an Fahrgästen von bis zu 37 Prozent seit dem Jahr 2010“ meint Klaus Oesterling. „An vielen Stellen im Netz wurden im Jahr 2019 die Auslastungsgrenzen erreicht. Es ist an der Zeit, unser Straßenbahnsystem grundsätzlich neu zu ordnen“.
Dichter Takt, längere Züge, verstärkte Nutzung und Ausbau
Die von traffiQ entwickelte Tramstrategie setzt auf einen dichten Takt, längere Züge sowie verstärkte Nutzung und Ausbau des bestehenden Netzes. „Das Frankfurter Straßenbahnnetz bietet mit den drei großen Kreuzungspunkten Hauptbahnhof, Börneplatz und Südbahnhof sowie den daraus entstehenden Hauptkanten gute Chancen für eine optimale Netzentwicklung“, stellt traffiQ-Geschäftsführer Dr.-Ing. Tom Reinhold fest. „Wir entwickeln das Netz entsprechend von Nachfrage und Kapazität über diese drei Kanten Altstadtstrecke, Hauptbahnhof – Sachsenhausen und östliche Innenstadt – Sachsenhausen.“
Das Konzept orientiert sich am Bedarf der Mehrzahl der Fahrgäste und stellt durch Takt und Fahrzeuggröße das richtige Angebot zur Verfügung. Als Grundraster gilt der 10-Minuten-Takt. Vorhandene Strecken, die zurzeit nur betrieblich genutzt werden, sollen reaktiviert werden. Die Tramstrategie ist Teil des Entwurfs des neuen Nahverkehrsplans 2025+ (NVP) und berücksichtigt die dort zugrunde gelegten Rahmenbedingungen.
Schrittweise Umsetzung des Zielnetzes
Das Zielnetz, wie es im NVP 2025+ dargestellt ist, soll schrittweise in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Denn dafür ist die Auslieferung weiterer Straßenbahnen und Straßenbahn-Mittelteile sowie der Ausbau der Infrastruktur notwendig. Eine entscheidende Maßnahme ist zum Beispiel der viergleisige Ausbau der Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof, die bereits heute an ihre Leistungsgrenzen stößt.
Folgende Verbindungen sind geplant:
- Die Linie 11 bleibt als stärkste Linie erhalten und wird ab 2022 auf Langzüge umgestellt.
- Neu eingerichtet wird die Linie 13. Sie fährt teilweise auf bestehenden Schienenstrecken, die zurzeit für den Personenverkehr nicht genutzt werden: Vom Industriehof geht es über Festhalle/Messe und Hauptbahnhof in die Heilbronner Straße im Gutleutviertel.
- Die Linie 14 wird über die heutige Endhaltestelle Mönchhofstraße bis Nied Kirche verlängert.
- Die Linie 15 verkehrt weiterhin von Niederrad Haardtwaldplatz zum Südbahnhof. Von dort wird sie über die Hanauer Landstraße nach Fechenheim Schießhüttenstraße geführt. Sie bietet damit neue Direktverbindungen aus Niederrad und vom Südbahnhof in die Hanauer Landstraße.
- Die Linie 16 behält ihren Linienweg zwischen Offenbach und Platz der Republik, biegt dann in die Mainzer Landstraße ab und steuert das neue Ziel Höchst Zuckschwerdtstraße an. So gelangen Fahrgäste ohne Umsteigen vom Südbahnhof in die Mainzer Landstraße. Ab dem Jahr 2024 soll die Linie 16 auf Langzüge umgestellt werden.
- Eine neue Linie 19 verkehrt zwischen Friedberger Warte, Konstablerwache, Lokalbahnhof und Offenbach Stadtgrenze. Sie verstärkt die Linie 18 zwischen Friedberger Warte und Konstablerwache und die Linie 16 zwischen Lokalbahnhof, Mühlberg und Offenbach Stadtgrenze. Oberrad erhält damit eine Direktverbindung zur Konstablerwache. Als Verstärkerlinie verkehrt die 19 von Montag bis Freitag tagsüber, also in den so genannten Haupt- und Normalverkehrszeiten.
Die bisher als Linie 19 geführten Schülerfahrten zwischen Schwanheim und Sachsenhausen gehen im regulären Angebot der Linie 12, 15 und 20 auf. - Die Linie 20 schafft eine Verbindung von der Bürostadt Niederrad über den Hauptbahnhof zum Rebstockbad. Sie dient als Verstärker der Linien 12 und 17 und ermöglicht neue, umsteigefreie Fahrten zwischen Niederrad, der City West und dem Rebstock. Auch diese Linie dient als Verstärkerlinie und ist daher montags bis freitags tagsüber im Einsatz.
- Die Linie 21 bedient weiterhin den Abschnitt vom Stadion zum Platz der Republik. Ab dort übernimmt die die Leistung der Linie 16 nach Ginnheim. So entsteht eine neue Direktverbindung Niederrad – Bockenheim – Ginnheim.
- Im Linienweg unverändert bleiben die heutigen Linien 12, 17 und 18.
Verstärkerlinien im Fünf-Minuten-Takt
Alle Linien verkehren grundsätzlich im Zehn-Minuten-Takt. Durch Überlagerung von zwei Linien entsteht in den Haupt- und Normalverkehrszeiten ein Fünf-Minuten-Takt (zwölf Fahrten pro Stunde) zwischen
- Bürostadt Niederrad und Hauptbahnhof (Linien 12 und 20),
- Hauptbahnhof und Rebstockbad (Linien 17 und 20)
- Friedberger Warte und Lokalbahnhof (Linie 18 und 19)
- Lokalbahnhof und Offenbach Stadtgrenze (Linien 16 und 19)
Auf zentralen und stark nachgefragten Abschnitten, die von mehreren Linien genutzt werden, wird das Angebot natürlich noch dichter. Von 18 Fahrten pro Stunde und Richtung etwa zwischen Nied und Hauptbahnhof über 24 Fahrten zwischen Platz der Republik und Messe/Festhalle bis hin zu 42 Fahrten zwischen Hauptbahnhof und Platz der Republik.
Verkehrsprognosen haben gezeigt, dass durch das neue Straßenbahnnetz jährlich 5,3 Millionen zusätzliche Fahrgäste gewonnen werden können. Dies entspricht einen Fahrgastzuwachs im Straßenbahnnetz von fast zehn Prozent.
Ein leistungsfähiges und hoch attraktives Nahverkehrsnetz
„Der Ausbau des Straßenbahnnetzes in Frankfurt am Main ist unumgänglich“, ist Verkehrsdezernent Oesterling überzeugt. „Wir müssen im begonnenen Jahrzehnt mit weiter steigenden Fahrgastzahlen rechnen – nur mit der Straßenbahn können wir die nötigen Kapazitäten schnell genug schaffen“. Das Busnetz in Frankfurt am Main wird bereits im kommenden Dezember mit Metrobussen, Expressbussen und einem 24-Stunden-Netz einen massiven Qualitätsschub erfahren. Der Ausbau des U-Bahn-Netzes ist in die Wege geleitet - Europaviertel und Römerhof, Lückenschluss Bockenheimer Warte - Ginnheim, Frankfurter Berg und Bad Homburg Bahnhof sind hier die aktuellen Stichworte - braucht aber seine Zeit und ist deutlich teurer.
„Ich bin sehr optimistisch, dass wir in den kommenden Jahren hier in Frankfurt ein leistungsfähiges und hoch attraktives Nahverkehrsnetz schaffen, das seinesgleichen sucht“, ist Klaus Oesterling überzeugt.
Über diese konkreten Maßnahmen hinaus beschreibt der NVP 2025+ ein Perspektivnetz Schiene, das weiter in die Zukunft weist. Es umfasst den Bau neuer Infrastruktur, um höherer Kapazitäten im Nahverkehr zur Verfügung stellen zu können. Damit kann Frankfurt am Main auf die zunehmenden Einwohnerzahlen reagieren, Neubaugebiete anbinden und flexiblere Netzstrukturen schaffen. Für die Straßenbahn sollen zum Beispiel die Verlängerung zum Bahnhof Höchst und die Ringstraßenbahn zwischen Markus-Krankenhaus und Friedberger Warte realisiert werden. Darüber hinaus weisen Überlegungen, die allerdings noch auf dem Prüfstand der GVP-Planungen, des Nutzen-Kosten-Indikators und der allgemeinen Umsetzbarkeit stehen. Dazu gehören die Ideen zur Verlängerung der Straßenbahn über die Frankfurter Stadtgrenzen hinaus ebenso wie der Ersatz besonders stark nachgefragter Buslinien. Als Beispiel seien die Verbindung vom Hauptbahnhof zum Briefzentrum im Gutleutviertel oder vom Börneplatz über die Alte Brücke bis zur Sachsenhäuser Warte genannt. Netzergänzungen in der Innenstadt zur Entlastung der hochfrequentierten Altstadtstrecke sind ebenso denkbar wie Lückenschlüsse etwa zwischen Triftstraße und Stresemannallee/Mörfelder Landstraße oder zwischen Haardtwaldplatz und der Bürostadt Niederrad.
„Der Ausbau des attraktiven Systems Straßenbahn drängt sich auf“, meint der Verkehrsdezernent. „Neue Straßenbahnstrecken lassen sich schneller und preiswerter realisieren als U-Bahnstrecken und die städtebauliche Integration der Niederflur-Straßenbahnen ist wesentlich einfacher als die der U-Bahnen mit ihren Hochbahnsteigen.“ Die Renaissance der Straßenbahn in Frankfurt am Main hat begonnen.
(Quelle: Presse-Information des Verkehrsdezernats und der Lokalen Nahverkehrsgesellschaft Traffiq vom 6. Juli 2020)
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